Fachartikel

Druckluftwerkzeuge

(Fachartikel, November 2012)

Industriewerkzeug überzeugt mit kleinem Leistungsgewicht

Turbine treibt innovativen Winkelschleifer an

Turbinenantriebstechnik spart Energie und bietet starke Leistung

Funken stieben, der Werftarbeiter schwitzt hinter seiner Schutzbrille. In seinen mit Handschuhen geschützten Händen hält er einen Winkelschleifer. Mit Kraft und Ausdauer glättet er störende Schweißnähte, die beim Zusammenfügen der Stahlhaut des Schiffskörpers in der Werft entstanden sind. Ein harter Job für Mensch und Maschine, der zumeist im Akkord und Mehrschichtbetrieb bewältigt werden muss. Die kraftaufwändige Belastung durch Gewicht und Vibration des Winkelschleifers fordert den ganzen Mann. Jede Ermüdungserscheinung des Arbeiters wirkt sich unmittelbar auf das Arbeitsergebnis und damit die Produktivität aus. Daher stehen bei der Auswahl des richtigen Industriewerkzeugs das Verhältnis von Gewicht und Leistung des Arbeitsgerätes im Fokus. Innovative Druckluft betriebene Turbinenwinkelschleifer trumpfen mit einem sagenhaft günstigen Leistungsgewicht (kW/kg) auf und stellen so eine überzeugende Alternative zu herkömmlichen Geräten dar.

Seit Jahrzehnten widmet sich Druckluftspezialist DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. KG der Erforschung und Nutzbarmachung von Druckluft als Antrieb für hochwertige Industriewerkzeuge. Innovationen aus der DEPRAG Ideenschmiede ließen immer wieder aufhorchen. Mit der völlig neu entwickelten Werkzeug-Generation der Turbinenwinkelschleifer stellte die DEPRAG 2006 im Jubiläumsjahr des 75-jährigen Bestehens erneut ihre hohe Innovationskraft unter Beweis. Inzwischen hat der Spezialist für Druckluftwerkzeuge mit der Marke DEPRAG INDUSTRIAL das Sortiment innovativer Turbinenwinkelschleifer auf 7 verschiedene Werkzeugtypen ausgeweitet.

Im Tunnel- und Bergbau des 19. Jahrhunderts begann die Erfolgsgeschichte der Druckluftwerkzeuge. In einer explosionsgefährdeten Umgebung, in der ein einzelner Funke eine dramatische Auswirkung haben kann, waren Elektrowerkzeuge gar nicht, Druckluftwerkzeuge jedoch ohne Gefahr einsetzbar. Ein weiterer Vorteil: Druckluft betriebene Werkzeuge sind zwischen 30 und 50 Prozent leichter als ihre elektrischen Pendants. Die Belastung des Werkers wird reduziert und die Produktivität erhöht. Heutzutage ist man vor allem bemüht, die Effizienz der Luftmotoren zu verbessern. Gerade an diesem hochaktuellen Punkt setzt nun die Entwicklung des Turbinenwinkelschleifers an. Denn die Turbine ist eine Strömungsmaschine und nutzt die Expansion der Druckluft mit einem sehr hohen Wirkungsgrad! Dadurch sinkt der Luftbedarf des Turbinenschleifers gegenüber einem gleichstarken Schleifer mit Lamellenmotor deutlich. Die Energiebilanz stimmt.

Das Leistungsgewicht (kW/kg) beträgt sogar nur die Hälfte im Vergleich zum Druckluftlamellenmotor. Und DEPRAG Entwicklungsingenieur Robert Pesold hebt hervor: „Im Vergleich zu einer Elektroschleifmaschine spricht alles für den Turbinenantrieb: So liegt ein vergleichbarer Elektroschleifer mit einer Abgabeleistung von 2 kW bei schweren 6,6 kg, während der Turbinenwinkelschleifer bei einer höheren Abgabeleistung von 2,2 kW weniger als 2 kg wiegt. Nur 4 kg bei einer Leistung von 4,5 kW bringt der neue DEPRAG Turbinenwinkelschleifer auf die Waage. Beide Leistungsgrößen der DEPRAG Turbinenschleifer erreichen so ein Leistungsgewicht von unschlagbaren 1,1!“

DEPRAG Turbinenwinkelschleifer sind überall dort gefragt, wo robuste Hochleistungsschleifmaschinen zum Schruppen, Trennen und Glätten von Gusseisen, Stahl, Steinen und NE-Metallen aller Art zum Einsatz kommen. Stahlprofile lassen sich mit dem Turbinenwinkelschleifer „wie Butter“ durchtrennen. Für alle Arbeiten im Stahl- und Behälterbau, im Maschinenbau, in Gießereien, auf Werften und im Stahlbetonbau sind die innovativen Turbinenwerkzeuge bestens ausgerichtet.

Neu im Sortiment ist ein Winkelschleifer mit einer Leerlaufdrehzahl von 10.000 1/min für Schrupp- und Trennscheiben bis zu einem Durchmesser von 150 mm. Die bisherige 2,2 kW starke Maschine für einen Scheibendurchmesser von 125 mm gibt es jetzt auch für Scheiben mit einem Durchmesser von 115 mm und 180 mm.

Neu ist auch die Produktfamillie mit der Leistungsklasse 4,5 kW, die in drei verschiedenen Drehzahlbereichen angeboten wird. Schleif- und Trennscheiben von 180 mm und 230 mm Durchmesser, sowie kegelige Schleiftöpfe mit einem Durchmesser von 150 mm können damit betrieben werden.

Mit der Entwicklung einer Expansionsturbine betraten die Ingenieure der DEPRAG seinerzeit absolutes Neuland. Sie gelang nur durch die beispiellose enge Zusammenarbeit zwischen der Hochschule für angewandte Wissenschaften HAW Amberg-Weiden und der DEPRAG. Die Berechnung und strömungstechnische Auslegung der weltweit erstmals in Druckluftwerkzeugen eingesetzten Curtis-Turbine erfolgte unter Federführung von Prof. Dr. A. P. Weiß, Dozent für Strömungsmaschinen und Strömungslehre. Mehrstufige Überdruckturbinen sind komplex in ihrem Aufbau und teuer, einstufige Gleichdruckturbinen dagegen können das anliegende Druckgefälle nicht effizient genug verarbeiten. Deshalb wurde die zweikränzige Bauart einer Curtis-Turbine gewählt, die ursprünglich aus dem Dampfturbinenbau stammt. Die Auslegungsberechnungen wurden durch CFD-Strömungssimulationen (Computational Fluid Dynamics) und Prüfstandsversuche verifiziert und bestätigt. An der HAW Amberg-Weiden wurde hierfür eigens der „Prüfstand für Druckluftantriebe und Drucklufttechnik“ (PDLT) aufgebaut, damit Tests an hochtourigen Turbinen dieser Leistungsklasse möglich waren.

Das Drehmoment-/Drehzahlverhalten einer Turbine unterscheidet sich prinzipiell nicht von dem eines gewöhnlichen Druckluftlamellenmotors. Bei ungeregelten Druckluftmotoren steigt das Drehmoment je nach äußerer Belastung von der Leerlaufdrehzahl bis zum Stillstand linear an. Die maximale Leistung liegt demzufolge bei halber Leerlaufdrehzahl (Nenndrehzahl). Faserstoffverstärkte Hochleistungsschleifscheiben haben eine maximal zulässige Umfangsgeschwindigkeit von 80 m/s. Um einen optimalen Abtrag am Werkstück zu erzielen, ist es sinnvoll, die Schleifscheibe auch mit dieser Umfangsgeschwindigkeit zu betreiben. Mit ungeregelten Druckluftantrieben ist das nicht ohne weiteres möglich, da die maximale Leistung nur bei halber Leerlaufdrehzahl zur Verfügung steht. Umgekehrt kann ein Überschreiten der 80 m/s zum Bersten der Scheibe infolge der Fliehkraft führen. In der Praxis wurde dieses Problem durch den Einbau eines Drehzahlreglers gelöst.

Besonders bewährt hat sich das Prinzip des Fliehkraftreglers, bei dem kleine Drehzahländerungen relativ große Kraftänderungen bewirken. Durch Reduzierung der Zuluftmenge wird dabei die Leerlaufdrehzahl und damit die Umfangsgeschwindigkeit unabhängig vom Luftdruck zuverlässig begrenzt. Entwicklungsingenieur Robert Pesold hebt einen erwünschten Nebeneffekt hervor: „Positiv ist dabei der über die Hälfte geringere Luftverbrauch des Werkzeugs im Leerlauf.“ So beträgt der Druckluftverbrauch der 2,2 kW Turbinenschleifmaschine im Leerlauf nur 0,56 m³/min und der Verbrauch des 4,5 kW Werkzeugs nur 1,28 m³/min. Aber auch die Verbrauchswerte bei Last können sich sehen lassen: Die 2,2 kW Maschine verbraucht 2 m³/min und der leistungsstarke 4,5 kW Schleifer bei Last auch nur 3,8 m³/min. Robert Pesold: „Die Energieeffizienz gehört zu den großen Vorteilen der Turbinenwinkelschleifer im täglichen Dauereinsatz in der Industrie.“

Turbinen „leben“ von hohen Drehzahlen. Somit war bei der Konstruktion des innovativen Turbinenwinkelschleifers klar, dass ein Getriebe für die notwendige Untersetzung sorgen muss. Ein ölgeschmiertes, gekapseltes und schnelllaufendes Planetengetriebe mit einem nachgeschalteten Kegelradgetriebe wurde komplett neu entwickelt und auf Wirkungsgrad und Schmierung optimiert. Die maximale Schnitttiefe für das Trennen von Rohren und Profilen erreichte 40 mm bei einer 125 mm Scheibe. Das erhöht die Flexibilität und Wirtschaftlichkeit des Gerätes enorm.

Der innovative Turbinenwinkelschleifer der DEPRAG INDUSTRIAL punktet aber nicht nur durch gute Energieeffizienz und optimales Leistungsgewicht. Bei DEPRAG Entwicklungen steht immer auch das sichere und bequeme Handling für den Anwender im Mittelpunkt. Besonders anstrengend für den Bediener im harten Industriealltag ist die Vibration des Gerätes beim Schleifen. Ein Autobalancer reduziert beim DEPRAG Winkelschleifer die Vibrationen und macht ermüdungsfreies Arbeiten möglich. Die ergonomischen Handgriffe sind ebenfalls vibrationsgedämpft und lassen sich in Wunschposition verstellen. Auch für Linkshänder ist das Gerät schnell und einfach umbaubar. Ohne Werkzeug kann die Stellung der Schutzhaube der Schleifarbeit angepasst werden, auch die Abluftführung ist entsprechend verstellbar. Der Austausch der Schrupp- oder Schleifscheibe ist mittels Spindelarretierung per Knopfdruck blitzschnell geschehen. Der Turbinenwinkelschleifer ist sehr gut für den Dauerbetrieb geeignet, beim Turbinenantrieb gibt es keine Verschleißteile und die Maschine ist äußerst wartungsarm. Auch der Getriebeölwechsel ist über einfache Ölablass- und Einfüllschrauben für jeden Anwender komfortabel auszuführen.

Ein wichtiges Augenmerk ist auf die Arbeitssicherheit gerichtet. Das Sicherheitshebelventil am rechten Handgriff verhindert unbeabsichtigtes Starten des Schleifers, sorgt durch seinen zweistufigen Öffnungshub für geringe Betätigungskräfte und geht beim Loslassen selbsttätig in die Ausgangsposition zurück („Totmannschaltung“). Ein integrierter, redundanter Not-Aus-Schalter setzt die Maschine bei einem Ausfall des Fliehkraftreglers still, so dass für den Werker und seine Umgebung zu keiner Zeit eine Gefahr durch berstende Schleifscheiben entstehen kann. Entwicklungsingenieur Robert Pesold: „Nicht nur die energieeffiziente Turbinentechnik, sondern auch die vielen anderen sorgfältig durchdachten Features machen den Turbinenwinkelschleifer zu einem innovativen Industriewerkzeug mit vielen Wettbewerbsvorteilen.“

Die DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. KG hat ihren Sitz in Amberg. Weltweit ist sie mit über 600 Mitarbeitern in mehr als 50 Ländern vertreten. Neben der Sparte Druckluftwerkzeuge gehören Schraubtechnik, Automation, Druckluftmotoren und Green Energy zu den Kernkompetenzen des Unternehmens.
 

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Dagmar Dübbelde
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